Von der Bioenergetischen zur Holographischen Analyse
Über die Kraft innerer Energiebilder
Dr. Ulla Sebastian
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Einleitung
Ich erinnere mich noch gut an jene Sitzung im ersten Jah r meiner
Bioenergetik-Ausbildung, als Ed Svasta uns Reich's Energiemodell vorstellte.
Ich starrte verblüfft auf dieses U mit dem Stab daran, was die Einheit
von Körper und Geist ausdrücken sollte, die beide von derselben
grundlegenden Energie genährt wurden. So recht verstand ich es nicht,
und so recht konnte Ed es mir auch nicht erklären.
D as Konzept blieb in mir lebendig. Doch sollten noch viele Jahre
vergehen, bis es sich mir über die praktische Arbeit und neuere
wissenschaftliche Erkenntnisse erschloß.
Während der Jahre in Findhorn arbeitete ich mit vielen Menschen
an sexuellem Mißbrauch. Da die Körperarbeit alleine nicht reichte,
um die Folgen aufzuarbeiten, begann ich, mit inneren Bildern zu experimentieren.
Sie tauchten in den Sitzungen als innere Gestalten, Symbolbilder und
autonome Instanzen auf, die die Klienten zu den Geschehnissen zurückführten,
die ihr Erleben und Verhalten weiterhin bestimmten.
Ich stellte fest: wenn meine Klienten körperlichen Symptomen
und Verhaltensweisen Gestalt gaben, wurde deren Bedeutung und Funktion
für ein bestimmtes Geschehen verständlich. Außerdem verloren
sie ihre Macht über den Klienten, wenn es uns gelang, ihre positive
Funktion in einer gesünderen Form zu bewahren.
Nehmen wir als Beispiel ein körperliches Symptom wie Kopfschmerzen.
Als inneres Bild kann dabei ein großer schwarzer Block oder ein
Raum auftauchen. Ich erkundete gemeinsam mit der Klientin, welches 'Geschenk'
dieser schwarze Block oder Raum für sie bereithielt. Oft schützte
er sie vor Ansprüchen von außen. Im positiven Sinne gab der
Block oder Raum Erlaubnis, sich in die eigenen vier Wände zurückzuziehen
oder Handlungen zu verweigern, zu denen sie sich von anderen gedrängt
fühlte.
Ich war überrascht, wie wirkungsvoll diese inneren Bilder
und Metaphern das Erleben ausdrückten, und wie die Verwandlung dieser
Bilder im Inneren auch im Äußeren neue Sichtweisen und Handlungsmöglichkeiten
erschlossen. Ich entwickelte eine Reihe von einfachen Techniken zur Gestaltung
und Umwandlung dieser inneren Anteile, die ich 'Holographische Analyse'
nenne und die ich in meinem Buch Prinzip Lebensfreude beschrieben habe.
Holographische Analyse Seitenanfang
Reichs Einheit von Körper und Geist aus holographischer Sicht
Während der Arbeit mit diesen inneren Energiebildern suchte
ich nach Erklärungsmodellen, um die erstaunliche Wirkung zu verstehen,
die schon wenige Sitzungen bei den Klienten erzielten. Anfang der Neunziger
Jahre stieß ich auf ein Buch von Vernon Woolf: Holodynamics. Darin
wendet er die Erkenntnisse der Quantenphysik auf die Arbeit mit unseren
inneren Anteilen an. Das Buch faszinierte mich, obwohl ich damals nicht viel
davon verstand. Eine Idee jedoch blieb hängen: die Möglichkeit,
unreife Anteile nachreifen zu lassen. Woolf nannte diese Anteile 'holodynes'.
Diese mit einem Eigenleben ausgestatteten 'Wesen' innerhalb des neuronalen
Netzwerks des Gehirns sind Komplexe von bewußten und unbewußten
Informationen des persönlichen Lebens sowie Symbolbilder des kollektiven
Unbewußten, wie sie C.G.Jung in seinen Archetypen beschrieben hat.
Nehmen wir als Beispiel eine verstorbene Großmutter. Vielleicht
fällt uns zunächst ihr Gesicht ein, dann treten andere Merkmale
hinzu: die Art des Sprechens, bestimmte Worte, die zu ihr gehören,
Gefühle und Körperempfindungen, die das Bild in uns auslöst.
Vielleicht verbinden wir mit dieser Frau auch eine fürsorgliche Gestalt,
die uns umsorgt und geschützt hat wie ein gute archetypische Mutter.
Alle diese Elemente zusammen formen eine 'Gestalt'. Mit der Erinnerung
an nur ein Element taucht oft das ganze Bild auf. Jedes Teil enthält
das Ganze.
Wenn wir dieses Phänomen auf unsere Alltagserfahrung anwenden,
bedeutet dies, daß jeder Sinneseindruck ein ganzes Bild oder eine
ganze Erinnerung hervorrufen kann. Der Geruch von Kaffee beispielsweise
löst für viele Menschen ein Gefühl von Gemütlichkeit
und Wohlbehagen aus, da der Geruch verbunden ist mit Kaffeerunden im
Kreis von lieben Freunden oder der Familie. Ein Tisch draußen vor
einem Restaurant in der Sonne ruft Bilder an schöne Urlaubstage
im Süden hervor. Eine Bemerkung läßt alten Schmerz in
uns aufflammen oder wir begegnen einem Menschen, dessen Bewegungen uns
an einen lieben Bekannten erinnern.
Diese bemerkenswerte Eigenschaft, daß jedes Teil das Ganze
enthält, ist auch Hologrammen zu eigen. Ein Hologramm ist ein dreidimensionales
Bild, das aussieht wie ein realer Gegenstand. Man kann jedoch durch ihn
hindurchgehen. Er hat keine körperliche Begrenzung.
Ein Hologramm wird von einer Lichtquelle erzeugt, einem Laser,
der in zwei getrennte Strahlen aufgespalten wird. Der erste Strahl wirft
ein Bild von dem Aufnahmegegenstand, beispielsweise einem Apfel, auf eine
Fotoplatte. Der zweite Strahl wird über Spiegel gebrochen und reflektiert
sein Licht ebenfalls auf die Fotoplatte. Beide Strahlen zusammen erzeugen
sich überschneidende Wellen, die als Interferenzmuster bezeichnet
werden.
Wir können uns dies so vorstellen, als würden wir zwei
Steine in ein Wasser werfen, deren Wellenbewegung sich ausweitet und
einander schneidet. Sie erzeugen ein Muster von Wellenbergen und -tälern.
Dies entspricht dem Interferenzmuster der zwei Laserstrahlen.
Wenn wir einen dritten Laserstrahl von unten durch das Interferenzmuster
auf der Fotoplatte scheinen lassen, erscheint oben die dreidimensionale
Abbildung des Objektes, das Hologramm.
Das Interferenzmuster auf der Platte enthält beliebig viele
Ausschnitte des abgebildeten Gegenstandes oder der fotografierten Situation.
Je nach dem Winkel, mit dem der dritte Laserstrahl auf die Platte gerichtet
wird, erscheint das Objekt oder das Ereignis in verschiedenen Bildern.
Wenn wir dieses Phänomen auf den Menschen anwenden, entspricht
der Laserstrahl unserer Absicht. Je nach unserem Blickwinkel, Bestreben
oder Wunsch erzeugen wir eine andere Realität. Ist der Blickwinkel
von Leiden geprägt, entsteht für uns eine andere Wirklichkeit
als wenn wir dieselbe Situation unter dem Blickwinkel der Freude wahrnehmen.
Der Volksmund drückt dies in dem Bild eines halbgefüllten Glases
aus. Der Pessimist beschreibt es als halbleer, der Optimist als halbvoll.
Der Quantenphysiker David Bohm geht davon aus, daß das Universum
holographisch geordnet ist: alles ist in allem enthalten. Das, was wir
sehen und als real erleben, ist im Grunde eine Illusion, vergleichbar
einem holographischen Bild. Ihr zugrunde liegt eine tiefere Seinsebene,
die sich jenseits von Zeit und Raum erstreckt.
Zwischen beiden Wirklichkeitsebenen besteht eine beständige
Wechselbeziehung, ein konstanter, fließender Austausch. Der Beobachter
entscheidet durch seine Sichtweise, Absicht und Interaktion, welche Facetten
dieses kontinuierlichen Flusses sichtbar werden oder unsichtbar bleiben.
Die uns getrennt und einzeln erscheinenden Dinge sind nichts anderes
als kurzzeitige Erscheinungsformen innerhalb einer unteilbaren Ganzheit,
in die sie wieder zurücksinken, wenn ihre Zeit erfüllt ist. David
Bohm nennt dieses Kontinuum eine Holobewegung, einen ständigen Fluß,
der sich unaufhörlich gestaltet und wandelt. Innerhalb dieses Flusses
nehmen Gebilde eine einzigartige Form an, ohne deswegen aus dem Fluß
herauszufallen. Es ist wie ein Strudel im Fluß. Jeder Strudel hat
seine besonderen Merkmale wie Größe, Richtung oder Drehgeschwindigkeit
und doch könnten wir nicht sagen, wo der Strudel aufhört und
der Fluß anfängt.
Reich spricht mit seinem Konzept der Bioenergie für mich eine
ähnlich profunde Ebene an wie David Bohm mit der Holobewegung. Aus
dem ungeteilten Ganzen der Bioenergie tauchen Komplexe auf, die sich
zugleich auf der körperlichen, mentalen und seelischen Ebene manifestieren.
Die Bioenergetische Analyse befaßt sich in der Charakteranalyse
mit der Korrespondenz zwischen diesen Ebenen, ohne jedoch auf die darunter
liegende Ebene der Bioenergie gezielt einzuwirken, die sich im Organismus
zunächst als Informationsmatrix des Gehirns manifestiert, deren Auswirkungen
wir dann in den Denkstrukturen, Gefühlen und Körperhaltungen
wiederfinden.
Erinnerungen, so die Erkenntnis des Gehirnforschers Karl Pribram,
sind nicht an einem bestimmten Ort des Gehirns gebunden. Die Hirnzellen,
Neurone, haben winzige Verzweigungen, über die Botschaften als
elektrische Impulse weitergeleitet werden. Am Ende der 'Leitung' verteilen
sie sich wie Wellen, die sich mit anderen überschneiden. Sie bilden
Interferenzmuster, die ein Hologramm erzeugen. Sie können durch jedes
unserer Sinne aktiviert werden und in unser bewußtes Denken eintreten.
Das Gehirn kann wie ein Hologramm Illusionen erzeugen, z. B. Schmerzen
an Gliedern, die gar nicht mehr da sind. Aus der psychologischen Forschung
wissen wir, daß das, was wir als Wirklichkeit wahrnehmen, gar nicht
in dieser Weise in der Außenwelt existiert, sondern von unserem
Gehirn gemäß unserer Programme zusammengestellt wird. Da unsere
Wirklichkeit also eine Schöpfung der Organisationsstruktur unseres
Gehirns ist, können wir diese entsprechend verändern.
Diese Veränderung geschieht in einem Prozeß der Selbstorganisation.
Prägende Erfahrungen verankern sich nicht nur in der Körperhaltung
oder den Spannungsmustern des Körpers, sondern werden zugleich in
der Informationsstruktur des Gehirns gespeichert. Von daher lassen sich
frühere Geschehnisse nicht nur aus der Körpersprache ableiten,
sondern zeigen sich auf inneren Reisen als bildhafte Sequenzen, in denen
sich persönliche Erinnerungen mit Symbolen und Metaphern des persönlichen
wie des kollektiven Unbewußten mischen.
Diese Sequenzen eröffnen einen Zugang zu Informationen, die
nicht nur das tatsächliche Geschehen abbilden, sondern auch die
Bedeutungsmuster, die dem Geschehen zugeordnet wurden. Wie bei einer
starren Körperhaltung sind auch diese Muster auf der neuronalen
Ebene des Gehirns 'erstarrt'. Dadurch, daß sie ins Bewußtsein
gehoben werden, geraten sie in 'Unordnung' und werden dadurch gezwungen,
sich neu zu organisieren. Dabei tendiert der Organismus von sich dahin,
die Informationen in gesünderen Mustern neu zu ordnen, so wie bei
der gezielten bionergetischen Auflockerung erstarrter Körperhaltungen,
bei der die frei werdende Energie sich in gesünderen Körperbahnen
neu organisiert.
Statt sich also nur auf eine Aufarbeitung und Veränderung
der Inhalte zu konzentrieren wie bei den meisten traditionellen Therapieverfahren
geht es hier um eine Neustrukturierung der Informationsmatrix des Gehirns
selber. Die neuronalen Verknüpfungen des Gehirns sind im entspannten
Zustand als innere Bilder wahrnehmbar, die mit bestimmten Gefühlen
und Körperreaktionen verbunden sind. Körper, Geist (Denken)
und Seele (innere Bilder) stehen dabei in Wechselwirkung miteinander.
Um körperliche Symptome oder festgefügte Verhaltensmuster aufzulösen,
genügt es, die ihnen übergeordnete Informationsebene, die neuronale
Matrix des Gehirns in einen höheren Ordnungszustand zu überführen.
'Höher' ist hier kein Wertmaßstab, sondern Ausdruck für
eine größere Kohärenz der neuronalen Matrix. Kohärenz
bezeichnet ein harmonisches Zusammenwirken. Größere Kohärenz
auf der Informationsebene des Gehirns schlägt sich entsprechend in
körperlichen und Verhaltensänderungen nieder.
Das Auftauchen und Verstehen innerer Bilder kann zu einer spontanen
Selbstheilung führen oder durch den Therapeuten und den inneren
Heiler des Klienten unterstützt werden, in dem die Bilder auf ihre
positive Funktion, ihr "Geschenk' hin abgeklopft werden. Dieses 'Geschenk'
ist in der Regel ein Überlebensmechanismus, der zur Zeit seiner Entstehung
notwendig war, vom Stand des Erwachsenenbewußtseins aber mit einem
hohen Preis versehen ist. Wenn die Funktion richtig erkannt ist, kann die
Überlebensstrategie in eine Form höherer Ordnung transformiert
werden, die denselben Zweck ohne den Preis erfüllt.
Dazu zwei Beispiele.
1. Eine Frau, die zu mir kam, weil ihre Beziehungen zu Männern
scheiterten, sah sich in einem inneren Bild als fleischfressende Pflanze.
Ihre geheimnisvolle trichterförmige Röhre zog vor allem Männer
in ihren Bann. Sie wanderten scharenweise in diese fluoreszierende Öffnung
mit den schwebenden Lockfäden. Doch wehe, sie waren drin. Der Eingang
verschloß sich, Haifischzähne wurden ausgefahren und schlugen
blutige Wunden, bevor ein Zersetzungsprozeß mit ätzenden Verdauungssäften
einsetzte. Dieses Pflanzenwesen lebte unter Wasser in tiefer Dunkelheit
ohne Zeit. Es wollte nichts Böses. Es wollte nur überleben. Es
kannte keine andere Nahrung als Menschen. Das war seine Natur. Ohne Nahrung
mußte es sterben.
Die Transformation dieses Organismus war überraschend einfach:
Er stülpte sein Innerstes nach außen. Die lange Verdauungsröhre
wurde zu einem Stiel, fest verwurzelt im Grund des Wassers, und der Trichter
wurde zu einer weißen Seerose mit leuchtendgelbem Fruchtstand.
Die Lockfäden verwandelten sich in breite tragende Blätter,
auf denen kleine Lebewesen verweilten. Nach der Transformation lebte dieser
Organismus in einem Seerosenfeld auf einem flachen Teich in einem kleinen
Park. Er ernährte sich von Licht statt Dunkelheit, und seine Schönheit
erfreute die Betrachter.
Damit einher ging die Aufweichung eines starren Körperpanzers.
Die zuvor festgehaltene Energie begann zu fließen und ließ
Freude, Verbindung und Nähe zu. Die Klientin unterstrich die neugewonnene
innere Freiheit durch Unterricht in Ausdruckstanz. Statt der verschlingenden
Männerbeziehungen entwickelte sie Freundschaften zu Männern,
die Bestand hatten. Dieser Prozeß verlief nach dieser einschneidenden
Sitzung während eines Workshops ohne weitere therapeutische Begleitung.
2. Eine andere Klientin beklagte sich, daß sie von ihrem
inneren Bild her eingezwängt war in eine Holzkiste, in der sie sich
kaum bewegen konnte. Sie hockte geduckt mit gesenktem Kopf in der Holzverschalung
und hatte die Hände um die angewinkelten Beine geschlungen. Diesem
inneren Bild entsprach ein eingezwängter Brustkorb, der ihr wenig
Raum zum Atmen gab.
Als wir probeweise in ihrem inneren Bild die Holzkiste entfernten,
fühlte sie sich schutzlos dem Außen ausgeliefert. Ihr wurde
deutlich, daß die enge Kiste ihr Schutz und Geborgenheit gab, und
daß sie sie nicht einfach entfernen durfte, ohne sie durch einen
anderen Schutzraum zu ersetzen. In einem längeren Prozeß erweiterten
wir erst die Kiste, damit sie darin stehen konnte, gaben ihr Fenster, damit
sie Kontakt zur Außenwelt aufnehmen konnte und verwandelten sie am
Ende in ein Haus, das sie nach eigenem Gutdünken aufsuchen und verlassen
konnte.
Dieser Prozeß verlief über einen längeren Zeitraum
therapeutischer Begleitung, in der parallel zu der Arbeit mit den inneren
Energiebildern fehlende Grundfunktionen über Körperarbeit,
Gespräch und soziales Kompetenztraining entwickelt und aufgebaut
wurden.
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Schritte der Transformation
In Fällen, in denen traumatische Ereignisse oder schwerwiegende
Krankheiten zur Behandlung anstehen, sind oft eine Reihe von Schritten
notwendig, bevor ein inneres Energiebild mit den dazu gehörigen Gefühlen
und Körperreaktionen so grundlegend transformiert werden kann, daß
sich der Prozeß aus sich selbst heraus, auch ohne weitere therapeutische
Begleitung, auf die höhere Form hin entfaltet.
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Ich-Stärkung, Stabilisierung und Schutz
Traumatisierte Klienten brauchen zu Beginn der Arbeit zunächst
eine Phase der Ich-Stärkung und Stabilisierung, die ihnen Halt
und Vertrauen in sich selber gibt. Gerade in Fällen von sexuellem
Mißbrauch fühlen sich Klienten von inneren Bildern, die unverhofft
auftauchen, eher überwältigt und bedroht. Für solche Klienten
ist die Erfahrung wichtig, daß sie selber Bilder finden können,
die ein Gegengewicht gegen Schreckensbilder herstellen. Solche Bilder können
sich auf Naturereignisse wie Sonnenuntergänge oder auf gute Gestalten,
die Schutz und Sicherheit bieten, beziehen. Die Klienten stellen oft überrascht
fest, daß solche Bilder andere Körperreaktionen hervorrufen
wie die Schreckensbilder, und daß sie zu solchen Bildern Zuflucht
nehmen können, um Ruhe und inneren Frieden zu finden.
Die Erfahrung, daß sie selber 'gute' Bilder herstellen können,
gibt den Klienten auch die Macht über sie bedrohende Bilder zurück.
Bilder lassen sich nicht abstellen. Sie tauchen nach eigenen Gesetzmäßigkeiten
auf. Wenn die Klienten ein positiv besetztes Gegenbild für sich gefunden
haben, das ihnen Schutz und Sicherheit gibt, haben sie jedoch die Wahl,
zwischen beiden Bildern zu pendeln. Allein dieses Gefühl der Wahl
trägt dazu bei, ein Stück Kontrolle über das eigene Leben
zurückzugewinnen, das gerade bei Mißbrauchspatienten bedroht
und untergraben wurde.
In diesen Bildern spielen innere Begleiter eine wichtige Rolle.
Sie bilden ein Gegengewicht gegen die monströsen und erschreckenden
Gestalten, die oft die innere Welt bevölkern. Dies ist besonders
dann der Fall, wenn eine Klientin sich über längere Zeit ihres
Raumes nicht sicher sein konnte, weil der 'Täter' jederzeit in ihn
eindringen konnte. Solche Menschen baten oft intuitiv einen Schutzengel
oder eine gute Fee um Hilfe, und es ist für sie befreiend zu hören,
daß solche Gegenbilder eine gesunde Reaktion in unmöglichen
Verhältnissen darstellen.
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Prinzip Lebensfreude
Therapeutische Prozesse haben traditionell den Ruf, daß es
dabei um Probleme und Leiden geht. Veränderungen sind jedoch nur
dann nachhaltig zu erreichen, wenn es genügend Gegengewicht auf
der Seite der Freude und Hoffnung gibt.
Der Veränderungsprozeß entspricht einer Doppelleiter.
Es geht darum, auf der einen Seite den alten Strukturen des Leidens
ihre Energie zu entziehen und auf der anderen Seite diese Energie zur
Nahrung des Sprößlings Freude einzusetzen. Je kräftiger
die Freude gedeiht, um so tiefer können wir in die alten Reaktionsweisen
eindringen und deren Kraft in positive Strategien umwandeln. Dieser Prozeß
verläuft stufenweise.
Manchmal braucht es viel Zeit und Aufmerksamkeit, diese Momente
der Freude und des Glücks im Leben der Klienten aufzuspüren,
besonders wenn die Informationsmatrix des Gehirns auf Leiden programmiert
ist. Doch habe ich bei noch keinem erlebt, daß es solche Momente
nicht gab, ganz gleich wie schrecklich die Geschichte war. Ich fordere
die Klienten auf, solche Momente der Freude und der Sinnhaftigkeit sich
im ganzen Körper ausdehnen zu lassen und jede Zelle damit zu imprägnieren,
um dadurch ein neues Informationsmuster im Körper zu verankern.
Auch dieser Schritt braucht oft Vorbereitung, besonders wenn durch
die Aufmerksamkeit, die dem Körper plötzlich zuteil wird,
zunächst die Schmerzen körperlicher und seelischer Art, die
im Körper festgehalten werden, ins Blickfeld geraten. Um sich mit
diesen Schmerzen nicht auseinandersetzen zu müssen, versuchen solche
Klienten, Körperarbeit überhaupt zu vermeiden. Hier helfen
Körperwahrnehmungsübungen, in denen sich die Klienten bewußt
werden, welche Freuden Ihnen Ihre Körperteile bereiten. Unsere Augen
erlauben uns beispielsweise, Farben zu sehen, unsere Arme, nach Dingen
auszugreifen, die wir möchten und unsere Beine, uns auf das zuzubewegen,
was uns anspricht und inspiriert.
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Distanzierungen
Im traditionellen therapeutischen Prozeß herrscht die Meinung
vor, daß es wichtig sei, noch einmal im Detail in die alte Situation
zurückzukehren. Doch ist es gerade bei schweren traumatischen Ereignissen
gar nicht sinnvoll und nach meiner Erfahrung auch nicht notwendig, solch
eine Situation noch einmal zu durchleben. Von daher sage ich meinen Klienten:
"Denken Sie daran: Sie sind Beobachter und Zeuge des Geschehens.
Identifizieren Sie sich nicht mit dem Kind in diesem Stadium. Der Sinn
dieser Übung ist nicht, mit dem Leiden des Kindes zu verschmelzen.
Es geht darum, zu verstehen und nachzuempfinden, wie es dem Kind damals
ergangen ist. Alles, was Sie brauchen, ist die Information. Diese Information
schließt das körperliche Empfinden, die Gedanken und die Gefühle
mit ein, nicht aber Ihre Identifikation mit dem Ereignis."
Die Position des Beobachters braucht oft vorbereitendes Training.
Der Klient muß lernen, sich von den Affekten zu distanzieren.
Ich nutze dazu sowohl Körpertechniken wie mentale Strategien. Eine
einfache, aber effektive Form der Distanzierung ist gleichmäßiges
tiefes und kontinuierliches Atmen. Wenn der Atem ruhig und gleichmäßig
dahinfließt, scheint sich unser Blickfeld zu erweitern und wir können
die Situation aus einer neutralen Position begutachten.
Wenn die Affekte sehr stark sind, hilft die Kästchentechnik.
Ich erkläre den Klienten, daß sie belastende Erinnerungen in
ein sicheres Kästchen einschließen können, was sie auf
einem Seitenbord aufbewahren. Mit der Sicht auf das Kästchen erhalten
sie die Kontrolle über die Affekte und sind zugleich vor ihnen geschützt.
Dies gibt uns Zeit und Raum, belastende Situationen aus der Perspektive
des neutralen Zeugen anzuschauen und deren Dynamik zu verstehen. Dazu bitte
ich meine Klienten, in den Körper der beteiligten Person(en) hineinzugehen
und mir im Detail das Spannungsmuster, Gedanken und Gefühle jener
Person(en) mitzuteilen.
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Auflösung energetischer Übertragungen
Es mag Ihnen merkwürdig vorkommen, daß Sie in der Lage
sein sollen, in den Körper einer anderen Person hineinzugehen und
wahrzunehmen, was sich in dieser Person abspielt oder in welchen Lebensumständen
sie sich befindet. Zu Anfang dieser Arbeit war ich selber erstaunt, wie
einfach der Zugang für meine Klienten war und wie viele Informationen
sie gewannen. Das ist nicht verwunderlich, wenn Sie bedenken, daß
Kinder sich vor den Erwachsenen dadurch schützen, daß sie deren
Stimmungen und Absichten 'lesen', besonders in Situationen, in denen sie
sich bedroht fühlen.
Anfangs überraschte mich die Tatsache, daß fast alle
Klienten das Spannungsmuster der Personen, die an der damaligen Situation
beteiligt waren, auch in sich selber kannten. Doch ist diese Tatsache
dann nicht verwunderlich, wenn wir das Universum als holographische Einheit
verstehen. Danach ist alles mit allem energetisch verbunden. Das heißt,
daß Kinder energetisch die Haltungen der Eltern übernehmen, besonders
in Situationen, die für sie einschneidende Erlebnisse darstellten.
Aus der Psychologie kennen wir den Begriff der 'Identifikation
mit dem Aggressor'. Er besagt, daß wir uns mit jemandem, der uns
angreift, identifizieren. Dieser Prozeß ist nicht nur ein psychischer
Mechanismus. Er ist ein energetisches Geschehen. Er bewirkt, daß wir
dieselben Muster von Generation zu Generation weitertragen. So entstehen
ganze Generationenketten oder Familiengeschichten, in denen dieselben Vorgehensweisen
'vererbt' werden. Ich benutze hier bewußt den Begriff 'Vererbung',
da diese Programme energetisch in der Organisationsstruktur des Gehirns
und damit in unserer Körperlichkeit verankert sind. Doch ist es möglich,
diese Generationenketten zu unterbrechen, indem wir die energetische Verknüpfung
auflösen.
Im Bild einer jungen Frau stellte sich diese Generationenkette
als ein Bandwurm dar, der sich im Herzen festgefressen hatte und sich um
Teile des Magens und der Leber schlang. Er hatte die innere Quelle und
alles, was in seiner Reichweite lag, vergiftet. Jedes einzelne Stück
haftete mit Widerhaken und mußte vorsichtig abgelöst werden,
damit keine Faser zurückblieb. Nach der mühsamen 'Operation'
sprudelte die innere Quelle klar.
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Kohärenzsinn
Das Betrachten der Zusammenhänge aus der Position des neutralen
Zeugen ermöglicht es den Klienten, sich von übermäßiger
Schuld zu entlasten, die sie in der Regel von den 'Tätern' übernommen
haben. Statt dessen sehen sie über die Arbeit mit den inneren Energiebildern,
welche Position sie in dem Geschehen tatsächlich innehatten.
Mit der Entlastung von übermäßiger Schuld geht
das Annehmen solcher Situationen einher, die es ihnen ermöglicht,
auch zu sehen, was sie aus solchen Ereignissen für sich an Positivem
gewonnen haben. Dabei geht es oft um eine Anerkennung der Leistung, daß
sie solche Eingriffe in den körperlichen und seelischen Raum überhaupt
überstanden haben und eine Anerkennung der inneren Stärke
und der Erfahrungen, die zur Bewältigung der traumatischen Situationen
nötig waren.
Das Verstehen von Zusammenhängen erzeugt Kohärenz innerhalb
der Organisationsstruktur des Organismus. Kohärenz bedeutet, daß
wir auch schwierigen Lebensumständen einen Sinn geben können.
Über den Sinn werden sie verarbeitbar und annehmbar. Kohärenzsinn
fördert das Vertrauen in die eigenen Handlungsfähigkeit, stärkt
den Selbstwert und verändert den Blickwinkel von der Opferhaltung
zu einem Menschen, der die Herausforderungen des Lebens konstruktiv und
kreativ bewältigen kann. Kohärenz, das Zusammenwirken aller Teile
in einer einheitlichen, harmonischen Matrix, ist ein Schlüsselfaktor
für seelische und körperliche Gesundheit.
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Integrative Praxis
In Fällen massiver Eingriffe in den Entwicklungsprozeß
eines Menschen bleiben Störungen und Schäden zurück, die
auch mit der Arbeit an den inneren Energiebildern allein nicht zu lösen
sind. Von daher strebe ich mit meinen Klienten an, daß sie eine
integrative Praxis entwickeln.
Integrative Praxis bedeutet, daß es sich um eine langfristige,
regelmäßige und disziplinierte Arbeit handelt, die alle Ebenen
anspricht. Dabei geht es nicht um das Erreichen bestimmter Ziele. Das gewohnheitsmäßige
'sich etwas Gutes tun' ist in sich selber lohnend genug und bewirkt positive
Veränderungen im Körper und im Wesen. Eine disziplinierte Praxis
ist wie ein Heimathafen. Er gibt uns eine stabile Basis angesichts der
Instabilität von Veränderungen.
Welche Techniken jemand im einzelnen wählt, hängt von
persönlichen Präferenzen ab. Wichtig ist jedoch, daß
alle Ebenen angesprochen sind: die energetische und körperliche
Ebene für Stärkung und Integration, die mentale Arbeit mit positiven
Zielsetzungen, Visualisierungen und der Kultivierung des unbeteiligten
Beobachters und soziale Kontakte für die gefühlsmäßige
Stabilisierung.
Für die energetische Arbeit empfehlen sich Sequenzen aus den
östlichen Traditionen, seien es Yoga, Chi Gong, T'ai Chi, die fünf
Tibeter, die Meridiandehnungen oder die Heilenden Laute. Sie alle wirken
auf die Harmonisierung und Stärkung des gesamten Organismus hin.
Als Begleitung auf der körperlichen Ebene hat sich Reichs
Orgasmusreflex bewährt, den ich unter dem Namen: Grundpulsation des
Lebens in meinem Buch Prinzip Lebensfreude ausführlich dargestellt
habe. Die Grundpulsation mit ihrer Ausdehnung und Kontraktion liegt allem
Leben zugrunde. Unsere körperlichen Prozesse, Organe und Systeme schwingen
ebenso darin mit wie unsere Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen.
Wenn wir im Fluß des Lebens sind, fühlen wir uns mit der Erde,
den Menschen und dem Universum verbunden und erleben das als Liebe, Freude
und Erfüllung.
Atem ist die Quelle der seelischen und körperlichen Kraft.
Atem ist Rhythmus, Rhythmus ist Polarität, und Polarität durchdringt
alle Aspekte des menschlichen Seins. Der Grundfunktion des Ein- und Ausatmens
entspricht auf der körperlichen Ebene das Ausdehnen und Zusammenziehen
unserer Muskeln, auf der emotionalen Ebene die Polarität von Liebe
(Ausdehnung) und Furcht (Zusammenziehen) und auf der sozialen Ebene die
Balance zwischen Mit-mir-Sein und Mit-anderen-Sein.
Viele Menschen müssen erst wieder lernen, diese Grundpulsation
zuzulassen. Sie entspricht unserem natürlichen Atem- und Lebensrhythmus,
den wir jedoch aufgrund von frustrierenden und belastenden Lebensumständen
unterbrochen, eingeschränkt oder umgekehrt haben.
Die Arbeit mit positiven Zielsetzungen, auch Affirmationen genannt,
beschleunigt den Prozeß der positiven Veränderung, da Affirmationen
die Richtung angeben, auf die sich die Ordnungsmatrix des Organismus
hin neu organisiert. Ganzheitliche, mentale Bilder, auch Visualisierungen
genannt, stellen dabei das detaillierte, klare und anschauliche Muster
bereit, auf das sich die Wirklichkeit hin entfaltet. Die Position des
unbeteiligten Beobachters oder Zeugen schärft unsere Wahrnehmung für
das, was tatsächlich geschieht, ohne daß dieses Geschehen durch
Affekte verzerrt oder gleich verurteilt wird. Damit eröffnen sich
Verständnis- und Handlungsmöglichkeiten jenseits der Tunnelvision,
aus der heraus die meisten Menschen Situationen beurteilen.
Im sozialen Bereich geht es um die Erfahrung, daß wir Menschen
anziehen können, die uns auf dem positiven Weg der Selbstentfaltung
unterstützen und mit denen wir Erfahrungen austauschen können,
die uns wirklich berühren und erfüllen. Solche Beziehungen sind
ein wichtiger Faktor für seelische Gesundheit. Sich verstanden und
angenommen zu fühlen trägt wesentlich dazu bei, dem Streß
und den Herausforderungen des Alltags gelassen zu begegnen, was wiederum
unser Immunsystem im Kampf gegen Krankheiten stärkt.
All diese Faktoren zusammen, die Holographische Analyse mit ihren
verschiedenen Facetten und die begleitende integrative Praxis, befähigen
den Menschen zu einem aktiven Lebensstil, Kohärenzsinn und geerdeten
Selbstwertgefühl, die die besten Voraussetzungen für ein erfülltes
und gesundes Lebens sind.
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